nbk-logo

Sammeln als Kulturförderung

Donnerstag, 27. April 2023, 19:00 Uhr

Buchpräsentation, Podiumsdiskussion
Veranstaltung vor Ort

Mit Reinhard Körner (Kunstsammler und Gründer der Kriket-Stiftung, Berlin), Dr. Katharina Garbers-von Boehm, LL.M. (Rechtsanwältin und Kunstsammlerin) und Bruno Brunnet (Contemporary Fine Arts, Berlin), moderiert von Dr. Britta Schmitz (Kunsthistorikerin, ehem. Chefkuratorin Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart, Berlin)

Die Motivation für die Errichtung einer privaten Kunstsammlung reicht von persönlicher Faszination und dem Wunsch nach kultureller Bildung hin zu finanziellen und mäzenatischen Bestrebungen wie dem Aufbau von Vermögenswerten oder der Neigung zu Kunst- und Kulturförderung. Im Rahmen eines Gesprächs im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) erörtern die Sammler*innen Katharina Garbers-von Boehm und Reinhard Körner, der Galerist Bruno Brunnet und die Kunsthistorikern Britta Schmitz die Bedeutung privater Kunstsammlungen für die Kunstförderung sowie die einschneidenden Veränderungen des Kunstmarkts in den letzten Jahrzehnten.


Bereits 1968 legte Reinhard Körner den Grundstein für seine Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst. Was zu Studienzeiten als Impulskauf begann, wuchs bis heute zu einem umfangreichen Konvolut an Werken zahlreicher namhafter Künstler*innen. Neben Arbeiten von Peter Doig, Jonathan Meese, Anselm Reyle, Daniel Richter und Dana Schutz umfasst Körners Sammlung weitere Werke und Editionen von John Baldessari, Louise Bourgeois, Marlene Dumas, Fischli & Weiss, Günther Förg, Jenny Holzer, Rebecca Horn, Mike Kelley, Martin Kippenberger, Gerhard Richter, Gregor Schneider und Cindy Sherman.


2022 veräußerte Reinhard Körner einen Teil seiner Sammlung im Rahmen der Ausstellung Zeitmaschine Balthus. Eine Berliner Sammlung bei Contemporary Fine Arts, jener Galerie, von der er beraten wurde und von der er vielfach kaufte. Die Erlöse flossen in die eigens von Körner gegründete Kriket-Stiftung (benannt nach dem gleichnamigen Gemälde von Peter Doig), mit dem Ziel, insbesondere Kindern und Jugendlichen aus sozial schwächeren Familien durch zeitgenössische Kunst eine neue Perspektive zu eröffnen. Der Neue Berliner Kunstverein, der 1969 fast gleichzeitig mit Körners Sammlung ins Leben gerufen wurde, erhält zu diesem Zweck ab 2023 eine mehrjährige Förderung in den Bereichen Kunstvermittlung und Programme – eine in Berlin beispiellose Konstellation zwischen einer Galerie, einer Privatsammlung und einer öffentlichen Institution. Die finanzielle Unterstützung ermöglicht die Einrichtung einer neuen Stelle in der Kunstvermittlung sowie die Förderung von internationalen Ausstellungsprojekten und Kooperationen des n.b.k. ebenso wie von dessen Sammlungen.


„Ich selbst habe mich der Kunst durch Weiterbildung, durch Anschauung, über das Stellen von Fragen angenähert. Ich erachte es für wichtig, Jugendliche früh in Kontakt mit Kunst zu bringen, gerade wenn sie unterprivilegiert sind. Es bringt einen Verständnis- und Bildungsvorteil, gibt Selbstvertrauen und kann helfen, aus der Benachteiligung herauszukommen.“ (Reinhard Körner)


Reinhard Körner trat 2011 in den Förderverein des Neuen Berliner Kunstvereins ein und ist seit 2022 Verwaltungsratsmitglied.


Der n.b.k. versteht sich als Bildungsinstitution, welche die Idee der geistigen Teilhabe an kulturellen Prozessen und den Dialog zwischen Institution und Öffentlichkeit verfolgt. Mit einem Fokus auf ambitionierten Neuproduktionen, sorgfältig programmierten Ausstellungen, seinen beiden Sammlungen Video-Forum und Artothek, einem umfangreichen Diskursprogramm und Publikationstätigkeiten trägt der n.b.k. auf vielfältige Weise zur Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst bei. Mit zahlreichen Vermittlungsformaten werden unterschiedliche künstlerische und kuratorische Ansätze sowie thematische Fragestellungen produktiv gemacht – eine Arbeit, die durch institutionelle Unterstützung des Landes Berlin ebenso wie durch private Förderung erst möglich gemacht wird.


Anlässlich der Podiumsdiskussion wird der Katalog der Sammlung Reinhard Körner vorgestellt:

Zeitmaschine Balthus. Eine Berliner Sammlung, mit Texten von Nicole Hackert, Katharina Hajek, Jörg Heiser, Tom McGrath, Roberto Ohrt, Beatrix Ruf, Markus Woeller und Dana Žaja, einem Berlin Roundtable mit Jacqueline Burckhardt, Bice Curiger, Diedrich Diederichsen, Jörg Heiser, Olaf Nicolai, Susanne Pfeffer, Mark Welzel und Steffen Zillig, sowie einem Interview von Marius Babias mit Bruno Brunnet und Reinhard Körner, 144 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Köln: Snoeck Verlagsgesellschaft, 2022




Teilnehmer*innen


Reinhard Körner zog 1974 nach West-Berlin und arbeitete ab 1982 als Niederlassungsberater für Kammerberufe, Anfang 1989 machte er sich selbständig. Bereits 1969, während seines Studiums der Sozialwissenschaft in München, fing er an, Kunst zu sammeln, zunächst vor allem Grafiken, ab Anfang der 1990er Jahre auch Zeichnungen und Gemälde. Er arbeitete mit der Galerie Contemporary Fine Arts zusammen und sammelte zusätzlich Editionen des Schweizer Kunstzeitschrift Parkett. 2013 gab er aus gesundheitlichen Gründen seine geschäftliche Selbständigkeit auf; 2022/2023 gründete er die Kriket-Stiftung mit dem Ziel, vor allem Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten sozialen Umgebungen den Zugang zu und das Verständnis von Kunst und Kultur zu ermöglichen.


Dr. Katharina Garbers-von Boehm, LL.M., ist Kunstsammlerin, Rechtsanwältin und Partnerin bei BMT Büsing Müffelmann & Theye Partnerschaftsgesellschaft, berät seit mehr als zehn Jahren insbesondere Family-Offices, Banken, Akteur*innen des Kunstmarktes, Stiftungen, Museen, private Kunstsammler*innen und Unternehmenssammlungen in nationalen und grenzüberschreitenden Angelegenheiten des Kunstrechts, häufig an der Schnittstelle zum Erb- und Stiftungsrecht. Ferner berät sie im Recht des geistigen Eigentums und im Informationstechnologierecht und nimmt in verschiedenen Unternehmen und Organisationen Vorstands-, Beirats- und Aufsichtsratsämter wahr. Sie führt ein Amt als Officer im Art Law Committe der International Bar Association aus, ist Mitautorin unter anderem in einem Kommentar zum Kulturgutschutzgesetz sowie im Handbuch Recht der Kunst (beides C.H. Beck Verlag) und ist regelmäßig Gast auf Podien.


Bruno Brunnet betreibt seit 1992 – zunächst unter dem Namen Brunnet Fine Arts und seit 1994 in Partnerschaft mit Nicole Hackert unter jetzigem Namen – die Galerie Contemporary Fine Arts in Berlin. Nach Stationen in der Wilmersdorfer Straße, den Sophie-Gips-Höfen und am Kupfergraben in Mitte ist die Galerie mittlerweile in der Grolmanstraße in Berlin-Charlottenburg ansässig. Contemporary Fine Arts vertritt unter anderem die Künstler*innen Cecily Brown, Georg Baselitz, Dana Schutz, Katja Strunz und Raymond Pettibon.


Dr. Britta Schmitz, Kunsthistorikerin und Kuratorin, war nach ihrer Promotion als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Neuen Nationalgalerie tätig, hier war sie verantwortlich für Kunst nach 1960 mit dem Fokus auf internationale Konzepte. Sie realisierte zahlreiche Ausstellungen, unter anderem mit Lucian Freud, Franz Erhard Walther und Cy Twombly. Schmitz war leitendes Gründungsmitglied des 1996 eröffneten Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart und dort bis 2016 als Chefkuratorin tätig. Neben Ausstellungen und Publikationen unter anderem mit Sigmar Polke, Martin Kippenberger, Pipilotti Rist und Walid Raad verantwortete sie die Themenausstellung Who Knows Tomorrow zu Kunst aus Afrika.