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Herta Müller. Die große Melancholie ..., Ausstellungsansicht Neuer Berliner Kunstverein, 2020 © Foto: n.b.k. / Jens Ziehe

Herta Müller. Die große Melancholie …

10. September 2020 – 31. August 2021


Fassade


Kurator: Ernest Wichner


Jedes Jahr lädt der Neue Berliner Kunstverein Künstler*innen ein, spezielle Projekte an der Gebäudefront des n.b.k. in der Chausseestraße zu realisieren und so in den Stadtraum zu intervenieren. 2020 präsentiert Herta Müller, Trägerin des Nobelpreises für Literatur im Jahr 2009, eine neue Collage an der Fassade des n.b.k. Seit 1989 widmet sich Müller neben ihren literarischen Werken dem Verfassen von bildkünstlerischen Texten, für die sie Wörter und kleine Bildelemente aus verschiedenen Druckerzeugnissen wie Magazinen, Illustrierten und Prospekten ausschneidet. Die geschriebenen und geklebten Collagen liegen mittlerweile in fünf Publikationen gesammelt vor: Der Wächter nimmt seinen Kamm (1993), Im Haarknoten wohnt eine Dame (2000), Die blassen Herren mit den Mokkatassen (2005), Vater telefoniert mit den Fliegen (2012) und Im Heimweh ist ein blauer Saal (2019).


Die im Original auf weißen Postkartenkarton geklebten Einzelworte verbinden sich in ihrer Abfolge zu rhythmisierten, oft auch reimenden, kurzen gedichtähnlichen Texten. Jedes einzelne Wort ist für Müller ein eigener Gegenstand, „vielleicht sogar ein Individuum“. „Das Aussehen, die unterschiedliche Größe, die Farbe, die Schrift ist für die Collage ebenso wichtig wie die Bedeutung des Wortes. Und der Reim kommt noch dazu. Aber man darf ihn der Collage nicht ansehen, er darf sich nicht vordrängen. Obwohl er der Motor im Satz ist, müssen die Sätze so klingen, als ob sich der Reim von selbst ergeben hätte. Er hat für mich eine große Intimität und er hat ein Mitspracherecht. Er kann trauern, zwinkern oder er kann sich auch über den ganzen Text lustig machen. Er ist wie ein Wächter, aber er ist auch ein Schelm, einerseits diszipliniert er, andererseits katapultiert er den Text, wohin er will, und er kann völlig unberechenbar sein. Er verlangt von mir Sätze, von denen ich kurz davor noch nichts ahnte, und ich wundere mich oft, wie lange ein kleines Wort nachklingt. Es ist ein Echo im Kopf.“ (Herta Müller)



Herta Müller (*1953 in Nitzkydorf im rumänischen Banat) lebt seit 1987 in Berlin. 1982 veröffentlichte sie in Bukarest ihren ersten Erzählungsband Niederungen, 1984 erschien dieser im Berliner Rotbuch Verlag. Seitdem sind mehrere weitere Bände mit Erzählungen erschienen, die Romane Der Fuchs war damals schon der Jäger (1992), Herztier (1994), Heute wär ich mir lieber nicht begegnet (1997) und Atemschaukel (2009), ebenso wie Essays und das Gespräch mit Angelika Klammer Mein Vaterland war ein Apfelkern (2014). Im Jahr 2009 wurde Herta Müller der Nobelpreis für Literatur verliehen.


Der Neue Berliner Kunstverein wird gefördert durch die LOTTO-Stiftung Berlin.